Und jetzt…

Morgen nehme ich mir die Zeit… Boah, keine Zeit…Die Zeit vergeht… Jetzt aber: Zeit für einen Eintrag. Gerade in diesen intensiven Tagen, in denen vieles stillsteht und gleichzeitig so vieles durcheinander gewirbelt wird. Diese Pandemie, der Shutdown uns alle unterschiedlich trifft. Mich in einer sehr privilegierten Situation, die mich trotzdem an manchen Tagen überfordert. Mich schlucken lässt, wenn ich an all die Verletzlichsten in diesem Ausnahmezustand denke.

What comes next, habe ich vor knapp einem Jahr getitelt. Heute mit Blick auf das Jahr weiß ich es nicht wirklich. Daran muss sich mein Planer-Herz noch gewöhnen. Ungewissheit ist nichts für Menschen, die gerne Dinge klären. Und zu sehen, dass Covid-19 gerade alles überdeckt, was sonst noch gesellschaftlich stattfindet, macht es nicht leichter.

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Ich erinnere mich noch an den Morgen des 19. Februar. Mein Handy klingelt. Nachrichten zu den rassistisch motivierten Morden in Hanau aus meinen Filterblasen. Alles ganz nah. Journalistisches rotieren, recherchieren, klären, einen Kommentar darüber verfassen, dass ich mir wünsche, dass der Blick dieses Mal stärker auf die Opfer und ihre Angehörigen gerichtet wird. Nicht wieder der Begriff der Fremdenfeindlichkeit genutzt und erkannt wird, dass diese Tat absehbar war und nicht die letzte sein wird. Nach dem rationalen Abarbeiten, Emotionen: Trauer, Wut auch Angst. Ich spreche meinen Beitrag ein, während meine Familie nach Hanau und zum Römer zur Mahnwache fährt. 

Fast zeitgleich verschieben sich in den darauffolgenden Tagen die Meldungen. Corona schwappt von ganz weit weg nach Europa und wird kurz darauf zum Dauer Top Titel in Deutschland. Auch ich werde geschluckt, hänge am Ticker, telefoniere mit meinem Freund Kai Kupferschmidt, der Ahnung hat, dem ich vertraue, der mich einnordet. Am 11. März erklärt die WHO die Ausbreitung offiziell als Pandemie. Er hat es mir vorher gesagt. Und dennoch: Hanau und Corona schlagen mir aufs Gemüt – auf ganz unterschiedliche Weise.

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Hanau. Das ist erst zwei Monate her. Wer die Stadt jetzt googelt, findet als erstes den Hinweis auf eine Masken-Pflicht. Die Welt hat sich gedreht, aber nicht für alle. Und so kuratiere ich weiter an einem Rahmenprogramm für das Historische Museum, das ab Oktober zwei Ausstellungen zum Thema Rassismus geplant hatte. Jetzt ist es nur noch eine wegen der Epidemie. Es bleiben aber hoffentlich viele Veranstaltungen, die bewusst auf die Perspektiven der von Rassismus Betroffenen setzen. #KeinVergessen #SayTheirNames. (Foto Elif Küçük)

Also doch ein kleiner Blick nach vorne. Was ebenfalls weiter läuft, ist die „StreitBar“ in der Bildungsstätte Anne Frank, deren Host ich seit 2019 bin. Jeden ersten Donnerstag im Montag spreche ich vor Publikum mit zwei spannenden Gästen über streitbare Themen. Und die hatten es in der Vergangenheit in sich: Heimat, Cop-Culture, Mit Rechten reden, BDS-Bewegung, Modest Fashion/ Hijab-Debatte, ein Blick auf „Die Linke“ und Kulturelle Aneignung. Am 7. Mai treffen wir das Publikum digital und sitzen in der BS zu Dritt mit Abstand: die Journalisten Philip Eppelsheim und Thomas Kaspar und ich. Es geht um Corona, was sonst. Das Thema: „Alles unter Kontrolle – Überleben die Bürgerrechte in der Krise?“. Es wird auch darum gehen, wie (verändert) unsere Gesellschaft aus der „Corona-Krise“ hervorgehen wirdBildschirmfoto 2020-04-21 um 23.38.00